32km, 6 1/2 Std, 7E Herberge, 10E Essen, 7E Diverses
Das sind doch mal Ortsnamen! Ich kann mir die einfacheren schon selten merken, aber bei solchen Wortgebilden muss ich passen, wenn mich jemand fragt, wo ich gestern war oder wohin ich heute gehe...
Heute gehe ich mal wieder mutig bereits um 7 Uhr im Dunkeln los. Der Start ist rekognosziert, es kann also nichts schiefgehen. Heute muss ich nämlich alleine los; das sei die Etappe, in der einem Gott begegnet, und auch in Jupp's Wanderbuch steht, die müsse man unbedingt alleine gehen. Wir verabreden uns zwar mal provisorisch in Ledigos, ich sage aber bereits, dass ich sehr wahrscheinlich weiter laufe.
Pilger-Rennbahn: 17km geradeaus! Und keine Erscheinung, nichts.
Gott begegnet mir definitiv nicht. Warum soll er auch, auf einem Weg, auf dem massenweise Güllekarren und Bagger verkehren. Vielleicht war ich auch mal wieder zu früh dran, oder ich war zu schnell. Irgend etwas treibt mich auf dieser Rennbahn vorwärts, ich verklemme mir sogar das Pinkeln, will einfach durch. Habe ich etwa Angst vor einer Begegnung mit etwas Höherem? Renne ich mal vor irgendetwas davon? Ich vermute, dass die meisten Visionen der Pilger auf dieser Etappe im Hochsommer statt finden, denn auf dieser praktisch schnurgeraden, topfebenen und immer gleichförmigen Strecke kann man wirklich in andere Zustände kommen, vor allem, wenn man dann noch dehydriert feststellen muss, dass da weit und breit kein Schatten zu finden ist, kaum Bäume, 17 Kilometer lang nichts, kein Restaurant, kein Getränkeautomat.
Um 10 Uhr bin ich schon im von Höllhuber vorgeschlagenen Ort Calzadilla de la Cueza. Schon wieder so ein komplizierter Name! Das Kaff gefällt mir aber überhaupt nicht. Zuviel Wellblech. Und die teeren gerade die einzige Strasse frisch, ich bleibe beinahe am Boden kleben und es stinkt bestialisch nach frischem Asphalt. Hier hält mich nichts, und ich habe ja mit Jupp in Ledigos abgemacht. Letzteres ist aber noch die grössere Enttäuschung, ich stoppe nicht mal. Das linke Schienbein zwickt zwar etwas, aber Tempo runter und weiter, denn auch in Terradillos de las Irgendwas werde ich nicht glücklicher. Die hospedalera dort kümmert sich ausgiebig um zwei zugegebenermassen knackigere Radfahrer und würdigt mich keines Blickes. Wer nicht will, der hat schon, denke ich und ziehe beleidigt weiter, obwohl sich auch die komische Verhärtung an der rechten Ferse wieder meldet. Fussbeschwerden, unsympathische Herbergen und viel zu lange Dorfnamen. Was kommt wohl heute noch auf mich zu?
Nicht sehr einladend...
In San Nicolas stoppe ich aber endgültig. Ich weiss wirklich nicht, was mich heute treibt, aber jetzt ist Schluss. Sowohl das Dorf als auch die Herberge von aussen sehen nicht sehr einladend aus. Aber das Lokal erweist sich als wahrer Glückstreffer. Der Wirt ist aufgestellt und freut sich, dass noch Kundschaft kommt. Seit Burgos weiss ich, wie man grosse Biere auf Nummer sicher bestellt: una canja grande, medio litro, por favor. Heute müsste ungefähr die Hälfte der Distanz zurückgelegt sein; eine Tafel an der Wand sagt jedenfalls weniger als 400 weitere voraus. Das muss gefeiert werden; gleich noch ein grosses Bier und ein bocadillo dazu, schliesslich habe ich die ganzen sechseinhalb Stunden unterwegs noch nichts gegessen und nicht mal einen halben Liter getrunken. Ich setzte mich kurz an das Internet-Terminal, um mal wieder Mails und facebook zu testen. Diese PCs sind reine Glückssache. Oft sind sie sacklangsam, zum Teil sogar noch via Wählmodem (!) am Internet und zu allem Übel haben sie meist einen total veralteten Browser drauf, so dass man viele Seiten schon gar nicht aufrufen kann. Ich habe mir angewöhnt, nur dann etwas ins Spendenkässeli zu werfen, wenn ich mindestens die Blick-Seite aufkriege...
Eine der schönsten Herbergen auf dem Camino? Sicher in den Top 5!
"Es nachet...": Die Hälfte sollte geschafft sein!
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