30km, 5 3/4 Std, 8 E Herberge, 6 E Boccadillo und Bier
Die drittletzte Etappe. Es wird definitiv Zeit, sich mit dem Heimweg zu befassen. Schliesslich könnte ich den Rest in 4 Stunden machen, es ist ja nicht mal mehr Marathondistanz bis Santiago! Langsam kriege ich das Kribbeln! In der Herberge 'Ultreia' (sie gehört zum 'Red de algergues Camino deSantiago', Red = Netz, sozusagen ein Gütesiegel für Herbergen) überliste ich den Computer für das Internet. Die sind nämlich meistens sehr primitiv gesichert: das Stromkabel für den Bildschirm geht nicht direkt zu einer Steckdose, sondern zuerst in einen schwarzen Metallkasten. Dieser schaltet mittels eingebauter Uhr den Strom für den Bildschirm frei. Das heutige Exemplar ist nicht abgeschlossen, und so kann ich nach ein paar geübten Handgriffen surfen, so viel ich will. Ich buche also von hier aus mittels Internet mein Busticket für die Rückfahrt und anschliessend die Hotelübernachtungen in Santiago. Wie hat man das früher nur ohne Internet hingekriegt? Das Telefon nützt mich ohne Spanischkenntnisse nichts, weil ich dann nicht mal Hand und Fuss zum Sprechen benutzen kann. Einzelzimmer sind übrigens noch schwierig zu finden, aber ein solches soll's dann schon sein. Schliesslich habe ich unterwegs gespart, bin immer in den Herbergen gewesen, und habe mit darum zum Abschluss einige Nächte ohne Schnarcher, Stirnlampenschwenker und Tütenraschler verdient! Eigentlich dachte ich ja, dass mir das Pilgerbüro bei diesen Sachen helfen wird, aber wenn ich an das erste Pilgerbüro in Frankreich zurückdenke... selbst ist der Pilger!
Die Platten unter dem hórreo dienen der Mäuseabwehr.
Noch eine Brücke zum Abschluss. Die wievielte wohl?
Die Vegetation suggeriert trockeneres Wetter als es normalerweise ist.
Die Wanderung heute ging gut, ich bin innerlich ziemlich aufgekratzt wegen des nahen Endes und bekomme so von der wahrscheinlich oder sicher sehr schönen Gegend nicht mehr viel mit. Ein bisschen Pilgerfachjargon kann ich aber noch bieten: ich laufe heute kurze Strecken auf Corredoiras. Das sind die Strassen, die man mit einem Bachbett verwechseln könnte, wenn da nicht die Trittsteine wären, auf denen man bei Regenguss und überschwemmter Strasse balancieren kann. Bleibt mir zum Glück erspart; sogar das Fernsehen berichtet ja mittlerweile vom ungewöhnlich trockenen Wetter hier. Und die zweite Vokabel, die es hier in Rudi's Spanischkurs zu lernen gibt, heisst hórreo. Hat nichts mit Horror zu tun, sondern bezeichnet die zwecks Abwehr der Mäuse auf Säulen gestellten Getreidespeicher. Auch von diesen säumen etliche den Weg heute.
Der letzte Waschtag. Dem Wasser nach zu Urteilen war er bitter nötig...
Das andere Bein fängt jetzt auch noch an zu feuern, aber komischerweise wird's dadurch nicht schlimmer, sondern besser!?! Gut verteilter Schmerz ist offenbar halber Schmerz, ähnlich wie beim Gewicht des Rucksacks. Ich habe aber immer noch einen Schnitt von 5 Kilometer pro Stunde drauf. Ist auch nötig, denn ich will die vielen Radiowanderer abhängen, die heute unterwegs sind. Nicht weil ich der Schnellste sein will, sondern weil die andauernd, ausdauernd und vor allem sehr laut quatschen. Ich habe mich so an die Einsamkeit während des Laufens gewöhnt, dass ich den Lärm nicht ertrage. Nach dem Marsch gönne ich mir wieder Bier, denn die Medis scheinen ja doch nichts zu nützen. Und an die bocadillos könnte ich mich sowieso gewöhnen.
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