Samstag, 3. Oktober 2009

E17 - El Burgo Ranero

San Nicolas del Real Camino bis El Burgo Ranero (km 432)
26km, 6 1/2 Std, 5E Herberge, 10E Essen

Hinter Sahagun trennt sich der Camino zum ersten Mal für eine Zeit, für etwa zwei Tage. Normalerweise ist es nämlich schon so, dass die Leute buchstäblich alle auf der gleichen Strasse gehen. Wenn man jemanden hinter sich weiss und man möchte die Person wiedersehen, kann man sich einfach auf den Boden setzen (oder vielleicht besser in ein Strassencafé...) und warten. Sie taucht bestimmt auf. Aber heute und morgen klappt das eben nicht unbedingt.



Kulturland Spanien: sogar die Simpsons kennt man hier!

Ich beschliesse, den Real Camino zu nehmen. Einerseits ist das die im Höllhuber beschriebene Variante, und so ganz ins Blaue laufen möchte ich dann doch nicht. Andererseits ist das auch einem Übersetzungsfehler von mir zu verdanken: ich glaube anfangs, "real" heisse eben real, also richtig, wirklich, und ich möchte doch den wirklichen, realen Camino gehen. Aber unterwegs kommt mir dann schon noch in den Sinn, dass "Real" "königlich" heisst. Auch nicht schlecht, also kein Grund zum Umkehren.



Immer schön der Strasse entlang,...

Ein Grund zum Umkehren wäre aber die Strecke selbst: etwas vom Allerödesten bis jetzt. Eine echte Pilgerprüfung: fast die ganze Strecke, jedenfalls empfinde ich es so, führt auf einem Kiesweg parallel zur Autostrasse. Wenigstens haben die Erbauer dieser künstlichen Wege an Schatten gedacht und Bäume gepflanzt, sogar auf der richtigen, nämlich der Sonnenseite. Auch jetzt, im Oktober, ist man froh darum. Wenn die Sonne scheint, und das tut sie immer noch beharrlich jeden Tag, dann kann man schon mal ins Schwitzen kommen.



...wenigstens mit etwas Schatten.


Zur öden Strecke kommt ca. 8km vor Schluss noch ein stechender Schmerz im Schienbein. Hoffentlich kein shin splint! Als ob ich's geahnt hätte, habe ich am Morgen noch ein Voltaren eingeworfen, allerdings wegen der etwas zickigen rechten Wade. Komme ich jetzt auch langsam in diesen Teufelskreis von Schmerz, Weiterlaufen, Verletzung? Ich, der ich doch immer geprahlt habe, wie gut es mir geht? Ich muss mich beruhigen: es geht mir ja immer noch gut. Einerseits verglichen mit den vielen Hinkebeinen, andererseits auch absolut gesehen, denn die Schmerzen sind (bis jetzt jedenfalls) nur lästig und bremsen mich ja noch nicht mal.


Das heutige Tagesziel.


Zu Herberge muss ich mich richtig durchfragen, denn ausnahmsweise liegt sie nicht an der breitesten Durchgangsstrasse, sondern ich hätte gleich am Dorfeingang rechts den Pfeilen nach sollen. Die waren aber mit "bar" angeschrieben, so dachte ich, dass das wieder solche Umwegpfeile sind, über die ich mich schon so oft aufgeregt habe. Oft wird nämlich der gelbe Pfeil dazu missbraucht, Pilger zu nicht direkt am Weg liegenden Lokalen umzuleiten. Hier aber wäre das gut gewesen...



Nach oben offen: mein Nest in der Gemeindeherberge...

Die Herberge könnte laut werden heute: es sind zwar alles kleine Zimmer mit nicht mehr als 4 - 8 Betten, aber es hat nur Trennwände dazwischen, oben keinen Deckenabschluss! Also ist das streng genommen doch wieder ein einziger, riesiger Schlafsaal. So eine Mogelpackung! Und wer kommt natürlich ausgerechnet in 'mein' Zimmer? Der spanische Oberschnarcher mit seiner eingeschüchterten Frau! Ich ertappe mich dabei, wie ich ganz nicht im Sinne des wahren Pilgertums (diesen Vorwurf bekam ich später wortwörtlich so verpasst) mich über meine Mitstreiter aufrege, vor ihnen am liebsten davonlaufen würde.



...und das Nest des Storches auf dem Kirchturm.

Jupp hat's besser erwischt: er ist in einer Privatherberge untergekommen, wo er der einzige Gast ist. "Wenig bis kaum besucht" steht über El Nogal in meinem Unterkunftsverzeichnis. Hat vermutlich seinen Grund: in einem 10-Bettzimmer ist die Toilette integriert, hat aber nicht mal eine richtige Türe! Jupp stört's nicht, da er ja alleine ist... Da Samstag alles geschlossen ist, auch die einzige kleine tienda macht nicht auf, gehe ich aus lauter Langeweile mit ihm in eine nahegelegene Tankstelle zum Einkaufen, finde aber nur eine Tüte Salznüsse. Ich pinkle unterwegs zu viel. kann irgendwie das wenige Wasser, das ich trinke, nicht richtig im Körper behalten und befürchte darum Entzündungen. Tipp des Marathoni: häufiger etwas Salziges essen, das bindet das Wasser im Gewebe. A propos Wasser: der hospedalero verspricht mit ernster Miene für morgen Regen. Der Himmel ist zwar blau wie er blauer nicht sein könnte, aber die Eingeborenen werden es wohl wissen...

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