29km, 6.5 Std, 6E Herberge, 10E Essen, 5E Diverses
Vom Weg ist mir nicht viel geblieben. Solche Etappen gibt's. Die läuft man einfach, die gehen einfach vorbei, und man sieht nicht viel, denkt nicht viel oder sogar nichts ausser "wo ist der nächste Pfeil". Es scheint eine Etappe zu sein, auf der es vielen Pilgern so geht. Oder warum nehmen die sich Zeit, einen ganzen Hang mit Steinhäufen zu bepflanzen?
Beschäftigungstherapie...
Peter aus Biel hält mich immer noch für Werner und schlägt ein ganz schön flottes Tempo an. Nicht ganz so schnell wie Jupp, eigentlich genau mein Schritt. Aber er hat nicht unbedingt Lust auf Begleitung, er hat sich nämlich erst gerade von einer anhänglichen Österreicherin getrennt, mindestens tagsüber, der er sich angenommen hat, weil sich "nichts so richtig traut". Ein Stück weit kann ich es ihr nachvollziehen: ich habe auch ein paar Tage gebraucht, bis es für mich selbstverständlich wurde, alleine in ein überfülltes Restaurant zu gehen und mich einfach irgendwo dazu zu setzen. Wobei ich auch sagen muss, dass dies einem auf dem Camino nicht so schwer gemacht wird. Wer sich einigermassen benimmt, die letzte Dusche nicht erst vor einer Woche genommen hat und nicht ausdrücklich allein sein will (auch das wird akzeptiert), muss selten alleine essen. Peter und ich versuchen, getrennt zu gehen, aber da unsere Tempi zu ähnlich sind, ist das ziemlich schwierig... Folgerichtig treffen wir kurz vor Viana wieder zusammen.
Marsch durch Weinberge und endlose Weiten.
Die Herberge in Viana bietet endlich die versprochenen dreistöckigen(!) Betten. Da bleibt für die unteren nicht viel Kopffreiheit. Und man kann sich das hier nicht aussuchen: bei der inzwischen zur täglichen Routine gewordenen Registration wird einem das Bett gleich zugeteilt. An dieses Registrierungsprozedere muss ich mich übrigens noch gewöhnen; bin meiner Lebtag noch nie soviel erfasst worden und komme mir manchmal vor wie ein Verbrecher. Bei Peter merkt man, dass er ein Camino-Profi ist: während ich immer noch überlege, welche Siebensachen ich auf mein mittleres Bett packen soll und wie ich da überhaupt hineinklettere, hat er bereits eingepufft, ist geduscht und fragt, ob ich auf ein Bier mitkomme. Sein milde lächelnder Gesichtsausdruck signalisiert Verständnis für meine Langsamkeit. Viana selber scheint nur aus Altstadt zu bestehen, und es hat erstaunlich wenige tiendas, also Läden. Ich bin nämlich immer noch auf der Suche nach einem besseren Schirm.
Viana scheint nur aus Altstadt und einer Kirchenruine zu bestehen...
Beim Nachtessen setzt sich ein riesiger Schwede zu mir, der Aussieht, wie wenn er schon Wochen, nein, Monate unterwegs wäre. Typ Outdoor mit langen, wallenden Haaren und wildem Bart. Wie früher auf der Camelwerbung. Er findet, dass die Alleinreisenden schon die interessanteren Menschen seien, mustert mich dabei mit seinen Ikea-blauen Augen so gründlich, dass mir Angst und Bange wird, aber da läutet zum Glück sein Handy und seine Frau ist dran. Puh, befürchtete einen Moment, ich hätte mir da einen Verehrer angelacht. Ich möchte mich hiermit dafür entschuldigen, das weitere Tischgespräch verlief nämlich im durchaus angenehmen Rahmen.
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