Die ebenso (oder noch) wichtige(re) geistige Vorbereitung kam notgedrungen etwas zu kurz. Schliesslich hatte ich ja kaum Zeit, mich um das körperliche Überleben zu kümmern, da blieb nicht viel übrig, mich zu fragen, was der Trip mir bringen könnte. Gehe ich auf die Suche nach mir? Oder laufe ich vor mir davon? Werde ich auf den Pyrenäen erfrieren, von Wölfen gefressen? Werde ich für mein bisheriges Leben büssen? Wie weit sind 800 Kilometer? Werden die Strapazen dunkle Seiten in mir ans Licht bringen?
Das erste Vorweg: bei "Pilgern" denkt man sofort an entrücktes Sinnsuchen, göttliche Offenbarungen, Seelenreinigung, "den Weg im Leben wieder finden". Damit kann ich leider nicht dienen. Denn: a) Mein Leben macht Sinn, B) wenn's da tatsächlich jemanden oder etwas gibt, weshalb sollte sich das mir ausgerechnet in Spanien zeigen? und C) ich fühle ich mich nicht irgendwie Schuldig; jedenfalls nicht mehr als andere.
Die erschreckende, aber ehrliche Wahrheit: Ich machte den Weg hauptsächlich, weil es ihn gibt. Und weil die Gelegenheit wohl so schnell nicht wieder kommen würde. Ich war ja wirklich privilegiert; nicht jede(r) kann 'einfach' ein paar Wochen abhauen. "Ich bin dann mal weg." muss man sich leisten können...
Ich hatte zwar Respekt, freute mich aber auf den Trip als willkommenen Tapetenwechsel, als Gelegenheit zum Kräftesammeln und Abstand gewinnen, um den Überblick wieder etwas zu erlangen. Ich war neugierig darauf, ob ich in dieser Situation bestehen konnte, wie ich in Grenzsituationen (falls ich in welche gerate) reagieren würde und ob sich daraus Parallelen zu meinem "richtigen" Leben ableiten liessen. Das war’s in etwa; tiefer konnte das angesichts der beschriebenen Kürze der Vorbereitungszeit nicht gehen, und ich wollte mir auch nicht irgendeine Erwartungshaltung aufbürden. Logisch habe ich den Kerkeling gelesen, im Internet nach Erfahrungsberichten von ‚Pilgerkollegen’ gelechzt und einen Reiseführer gekauft. Und die letzte Woche war ich mit dem Kopf bereits unterwegs (meine Umgebung möge mir das aber verzeihen; oben angeführtes ist mindestens eine Erklärung, wenn auch keine Entschuldigung). Aber so gründlich darauf eingestimmt, wie ich das von anderen erlebt habe, war ich nicht.
Das schliesst keinesfalls aus, dass ich nicht unterwegs merke, welche Lichter mir aufgehen könnten. Und es sind mir auch einige aufgegangen. Diese möchte ich jedoch erst nach den eigentlichen Reiseberichten unter "Erkenntnisse" darlegen. Man versteht es dann vielleicht auch etwas besser...
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